Verhalten einen Sinn geben

Herausforderndes Verhalten bei Menschen mit geistiger Behinderung: Wie verstehe ich es – wie gehe ich damit um?

Menschen mit einer geistigen Behinderung zeigen oft „schwierige“ oder „herausfordernde“ Verhaltensweisen, wie zum Beispiel:
• Sie verletzen sich selbst, zum Teil massiv.
• Sie gehen sehr unangemessen mit Dingen um, so dass sie sie zerstören.
• Sie beschäftigen sich überwiegend mit sich selbst, stimulieren sich auf verschiedene (auch sexuelle) Weise, zeigen kaum ein Interesse an dem, was man ihnen anbietet.
• Sie setzen ihre Sinnesorgane auf merkwürdige, scheinbar sinnlose Weise ein.
• Sie greifen andere an, zum Teil, ohne dass gleich ein Anlass dafür erkennbar wäre.
• Sie geraten immer wieder in Rage, sind dann außer sich und kaum noch zu kontrollieren.
• Sie setzen alles daran, ihre Begleitpersonen zu „provozieren“ und nutzen dafür jede erkennbare Schwäche von ihnen aus.

Da diese Verhaltensweisen meist für die Umwelt sehr störend sind, spricht man auch von „Verhaltensstörungen“. Nicht selten wissen die Bezugspersonen irgendwann nicht mehr weiter und bitten – mangels anderer Unterstützungsangebote – einen Arzt um Hilfe. Dieser verschreibt dann häufig ein Neuroleptikum, dessen Wirkung das Verhalten unterdrücken soll („off label“ Anwendung), was oft jedoch nicht zuverlässig gelingt. Wenn dies aber die einzige Maßnahme bleibt, gerät leicht aus dem Blick, dass das Verhalten für die Person einen positiven Sinn haben könnte.

Der Kurs geht von der Überzeugung aus, dass jedes Verhalten einen Sinn hat, der aus der Lebenssituation des Betroffenen heraus grundsätzlich nachvollziehbar ist. Im Versuch, diesen Sinn zu verstehen, erhält das Verhalten eine kommunikative Botschaft, die etwas über den betreffenden Menschen und seine Befindlichkeit, seine Bedürfnisse und Möglichkeiten aussagt. Nicht selten ist es dann gar nicht mehr so schwer, auf das störende Verhalten eine passende Antwort zu finden. Und wenn die Person erlebt, dass ihre Bedürfnisse und Anliegen aufgegriffen werden, hat sie es oft gar nicht mehr „nötig“, das Verhalten im bisherigen Ausmaß zu zeigen. Sollte jedoch auch dann noch eine psychiatrische Intervention unterstützend nötig sein, stünde sie zumindest eingebettet in eine ganzheitlichere Sicht der Problematik.

Mitzubringen:
Informationen über eine Person aus dem eigenen Praxisfeld, mit deren Verhalten man sich auseinandersetzen möchte (z. B. Biographie, Berichte, Fotos, evtl. kurze Videosequenz – so weit wie möglich).

Ziele

  • Mit dem Konzept der „Sensomotorischen Lebensweisen“ einen Verständnishintergrund für „geistige Behinderung“ und ihr Verhalten kennen lernen, der die Gemeinsamkeiten zwischen allen Menschen – ob behindert oder nicht – erkennen und so herausforderndes Verhalten nachvollziehbar werden lässt.
  • Vor dem Hintergrund dieses Konzepts anhand konkreter Beispiele aus dem Teilnehmerkreis Verständnisansätze für herausforderndes Verhalten und seinen möglichen subjektiven Sinn für die jeweilige Person entwickeln.
  • Daraus praktische Ansätze entwickeln, mit herausforderndem Verhalten in der eigenen Praxis hilfreicher umzugehen.
  • Von Handlungskonzepten erfahren, die bei herausforderndem Verhalten zum Einsatz kommen können.

Zielgruppe

Personen, die im beruflichen oder privaten Alltag mit Menschen mit geistiger Behinderung zu tun haben.

Arbeitsweise

Referat und Präsentation, Plenumsdiskussion, Kleingruppenarbeit, begleitende Fallbesprechungen in Kleingruppen und Plenum

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