Am Du zum Ich: Bindungsgeleitete Interventionen

Das CARE-Programm

Der Titel des vorliegenden Seminars verweist auf den Religionsphilosophen Martin Buber, der in seinem 1923 erschienenen Buch ‚Ich und Du‘ schrieb, dass der Mensch erst am Du zum Ich wird. Damit hob Martin Buber schon vor einem Jahrhundert die zentrale Bedeutung hervor, die andere Menschen für unsere Entwicklung haben. Dass dies insbesondere für die Kindheit gilt, ist das Ergebnis des Lebenswerks von John Bowlby. Kindliche Entwicklung vollzieht sich im Wesentlichen im Kontext von Beziehungen. Das ist die Quintessenz der berühmten Bindungstheorie von Bowlby.

Während Bowlby sich in seinen Arbeiten vor allem auf die Beziehung zwischen Müttern und Kindern bezog, zeigen die Ergebnisse neuerer Untersuchungen, dass auch sekundäre Bezugsfiguren - wie z.B. Lehrer:innen und Sozialpädagoginnen/-pädagogen - einen bedeutsamen Einfluss auf die Entwicklung der ihnen anvertrauten Kinder haben. Dies scheint insbesondere für jene Kinder zu gelten, deren Fürsorge im Elternhaus defizitär ist. Sei es, weil die Eltern keine Zeit für ihre Kinder haben, die Eltern inkonsistent in ihrer Fürsorge sind, Eltern die Kinder verlassen, oder Eltern ihren Kindern gar physische, psychische oder sexuelle Gewalt antun. Diese Bedingungen sind typisch für Kinder mit besonderem, pädagogischen Förderbedarf in der sozialen und emotionalen Entwicklung, sowie für Kinder und Jugendliche, die aufgrund der Schwere der familiären Gewalt-, Verlust- und Vernachlässigungserfahrungen fremduntergebracht werden müssen. Wenn sich Entwicklung in Beziehungen vollzieht, muss das Aufwachsen in solchen Beziehungen Spuren in der Entwicklung der betroffenen Kinder hinterlassen. Folgt man diesen Spuren, so wird man schnell fündig. Aggressives und depressives Verhalten, sozialer Rückzug, Aufmerksamkeitsprobleme und Lernstörungen sind nur einige der Symptome, durch die Kinder auffallen, die von ihren primären Bezugsfiguren keine adäquate Fürsorge erhalten. Der zentralen Aussage dieses Buches zufolge lassen sich Entwicklungsprobleme, die im Kontext von Beziehungen entstanden sind, tiefgreifend auch nur wieder im Kontext von Beziehungen heilen.

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, warum Sozialpädagoginnen/-pädagogen und Lehrerinnen/Lehrern, die einen bedeutsamen Teil der Zeit mit den betroffenen Kindern verbringen, eine so große Bedeutung für deren Entwicklung zukommt. Wie aber sollen Beziehungen zwischen pädagogischen Fachkräften und Kindern gestaltet sein, so dass sie die soziale, emotionale und kognitive Entwicklung von Kindern fördern? Der Beantwortung dieser Frage ist das vorliegende Seminar gewidmet. Diese Antworten sollen, um noch einmal Martin Buber zu bemühen, ermöglichen, dass das Kind-Ich am Du der pädagogischen Fachkraft wächst.

In Kooperation mit:

Inhalte

  • Grundlagen der Bindungstheorie
  • Neurobiologische Basis von Bindung
  • Bindungstheoretisch basierte Interventionen
  • Psychologie von Beziehungstraumata

Zielgruppe

Sozialpädagoginnen/-pädagogen, Lehrer:innen

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